Interessengemeinschaft Deutsches Krokodil

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1940 - 2010: 70 Jahre Deutsches Krokodil

Großes Krokodiltreffen in Freilassing

Bei der Übergabe an die Deutsche Reichsbahn am 22. April 1940 trug die E 94 001 die Anschriften „Rbd München, Bw Freilassing“. Vor diesem historischen Hintergrund fand am 17. Juli 2010 in Freilassing anlässlich des 70. Geburtstages der Baureihe ein großes E94-Treffen statt, bei dem erstmals zehn Maschinen in den unterschiedlichen Ausführungen von Bundes- und Reichsbahn, aus Österreich und von den Privatbahnen gemeinsam zu sehen waren. Zwischen 1940 und 1956 waren insgesamt 200 Exemplare gebaut worden, deren letzte Exemplare bei der DB bis 1988, bei der DR bis 1992 und bei der ÖBB bis 1995 im Einsatz standen.

Die Idee zu diesem Treffen entstand am Biertisch, als Peter Hartung und Gerfried Moll zusammen mit weiteren Eisenbahnfreunden darüber nachdachten, wie man der E 94 einen würdigen Geburtstag bereiten könnte. Da die E 94 001 in Wirklichkeit am 25. Mai 1940 beim Bw Innsbruck in Betrieb genommen wurde, dachte man zunächst an eine Veranstaltung im dortigen Rundschuppen mit möglichst vielen noch erhaltenen Exemplaren den Reihe E 94 bzw. 1020. Bei der ÖBB fand dieses Ansinnen jedoch keine Zustimmung und so musste man sich nach einer geeigneten Alternative umsehen. Diese fand man schließlich in Freilassing, wo erst vor wenigen Jahren im hervorragend restaurierten Lokschuppen aus dem Jahr 1905 mit Beständen des Deutschen Museums die „Lokwelt“ eingerichtet worden war.

Eine Aufstellung der Lokomotiven im Museum war allerdings nicht möglich, da sämtliche Stände mit Exponaten belegt sind. Einer Ausstellung vor der Wagenhalle mochte dagegen die DB aus Sicherheitsgründen nicht zustimmen. Während das Gelände der Lokwelt eingezäunt ist, liegen die Gleise vor der Rechteckhalle zwischen den Strecken nach München und Mühldorf, so dass eine Sicherung gegen unberechtigtes Überschreiten der Hauptgleise einen hohen Aufwand erfordert hätte. Letztlich stellte die DB zwei Gleise im Bahnhof zur Verfügung, auf denen die einmalige Lokparade abgehalten werden konnte. Mit erheblichem logistischen Aufwand war es den Veranstaltern gelungen, insgesamt zehn E 94 nach Freilassing zu holen:

E 94 001 als 1020 018-6 (Eisenbahnfreunde Lienz)
E 94 051 als 194 051-9 (Pfalzbahn)
E 94 052 als 254 052-4 (Leipziger Eisenbahngesellschaft)
E 94 099 als 1020.37 (ÖGEG Linz)
E 94 103 als 1020 041-8 (Mittelweserbahn)
E 94 104 als 1020 042-6 (Verein 1020 Bludenz)
E 94 136 als 1020.44 (ÖBB-Museumslok Innsbruck)
E 94 158 als 194 158-2 (Rail 4 U)
E 94 279 als E 94 279 (DB Museum Kornwestheim)
E 94 280 als „194 178-0“ (Rail 4 U)

Mit Ausnahme von 194 158 und E 94 279 konnten alle Maschinen betriebsfähig präsentiert werden. Sowohl die 1020.37 der ÖGEG wie auch die „194 178“ von Rail 4 U hatten mit Datum vom 1.7.2010 neue Hauptuntersuchungen vorzuweisen und zeigten sich quasi „frisch aus der Packung“. Die Wiederauflage der einzigen oceanblau-beigen 194 hatte in Freilassing ihren ersten großen Auftritt und stahl damit der 1020 018 als der eigentlichen Jubilarin des Tages beinahe die Schau. Im angenäherten Stundetakt wurden 194 178, 1020 018, 254 052, 1020 041 und 194 158 in die Lokwelt überführt und dort auf der Drehscheibe präsentiert. Für die Rangieraufgaben hatte die Salzburger Lokalbahn ihre V 84 (ex 211 084) nebst Personal zur Verfügung gestellt. Am Nachmittag übernahm die 194 051 mit zwei Inox-Wagen aus Bludenz ein Planzugpaar nach Berchtesgaden. So herrschte ständig Bewegung auf dem Bahnhof und in der Lokwelt, welche an diesem Tag einen großen Andrang erleben durfte.

Da für den Bahnhofsbereich ja kein Eintrittsgeld erhoben werden konnte, musste zur Finanzierung der Veranstaltung ein anderer Weg gefunden werden. Peter Hartung und Gerfried Moll riefen daher eine Spendenaktion unter Eisenbahnfreunden ins Leben. Zusätzlich wurde mit der Lokwelt vereinbart, von den Besuchern an diesem Tag einen geringen Fotografierzuschlag zu verlangen. Trotz anfänglich guter Einzahlungsquote stand die Veranstaltung Ende Mai, als es eigentlich höchste Zeit für die Information der monatlich erscheinenden Fachmagazine gewesen wäre, finanziell noch auf der Kippe. Einzig dank des großen finanziellen Engagements des Vereins Freunde des historischen Lokschuppens 1905 Freilassing e.V., welcher die Veranstaltung unbedingt in Freilassing haben wollte, konnten quasi in letzter Minute die Signale auf Fahrt gestellt werden. Weitere wertvolle Dienste leisteten die Mittelweserbahn und die Pfalzbahn bei der Organisation und Durchführung der Überführungsfahrten in Deutschland, während die Zu- und Rückführungen von 1020 018 und 1020.37 mit Unterstützung von Rail Cargo Austria vor Güterzügen erfolgen konnte. 1020 042 und 1020.44 kamen mit den Bludenzer Inox-Wagen als Sonderzug.

Der Einsatz der beiden ehemaligen SNCF-Schnellzugwagen als „Kurswagen nach Berchtesgaden“ folgte dabei keinem historischen Vorbild, sondern vielmehr einer unkonventionellen Idee der Veranstalter. Mit der Unterstützung der Berchtesgadener Land Bahn und der BEG als Besteller konnte die Fahrt auf der Plantrasse erfolgen. Improvisationstalent war gefragt, als neben den zahlreichen Eisenbahnfreunden auch eine Gruppe Radfahrer die Mitfahrt begehrte. Kurzerhand wurde der hintere Führerstand der 194 zum Fahrradabteil umfunktioniert.

Obwohl sich die Werbung für das Krokodiltreffen auf die tagesaktuellen Medien und das Internet beschränkt hatte, war der Zuspruch doch sehr hoch. Das an diesem Tag stattfindende Stadtfest in Freilassing sorgte für zusätzliches Publikum, das die gebotene Möglichkeit zur Führerstandsbesichtigung gerne wahrnahm. So genoss ein Besucher aus Bad Reichenhall die Erinnerung an seine Jugend, als er im Güterbahnhof gespielt und Kohlebrocken gesammelt hatte, während ein weit gereister Gast aus Hamburg sich an den fotofreundlich aufgestellten Maschinen erfreute, über deren letzte Planeinsätze er noch genau zu berichten wusste.

Fotos rund um das Krokodiltreffen:

 

Text: Joachim Hund
Zuletzt geändert am 02.02.2012